Veteranen-Freunde St. Leon e.V.

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Edmund Schmitt: Motorräder (IV)

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Norton Commando & AJS Boy Racer

 

Liebe Mitglieder und Freunde des Vereins,

heute will ich euch wieder ein paar interessante Modelle von der letztjährigen Veterama in Mannheim vorstellen.

 

Das erste Bild zeigt zwei englische Rennmaschinen: eine Norton Commando 850ccm, vermutlich privat auf Rennmaschine umgebaut und eine 350-er AJS Boy Racer (1948 bis 1962), mit einer durch Kette angetriebenen obenliegenden Nockenwelle (ohc) mit 38 PS.

Aus heutiger Sicht bemerkenswert: ein Langhuber als Rennmotor – andererseits bringt das auch ein höheres Drehmoment, was auf kurvenreichen Strecken beim Wiederbeschleunigen von Vorteil ist.

Höhere Drehzahlen, wie sie heute üblich sind, aber bei gleicher Leistung und gleichem Hubraum nur mit Kurzhubern mechanisch sicher erreicht werden konnten, hat man derzeit noch nicht riskiert – das haben sich erst die Japaner in den 1960-er Jahren getraut.

Spätere “Konkurrenten” unter dem selben Firmenverbund AMC (Associated Motor Cycles) waren die Norton Manx und Matchless G50. Als ihre Produktion 1962 eingestellt wurde, war das für Privatfahrer eine große Enttäuschung.

Hier eine akustische Kostprobe:
https://www.google.com/search?client=firefox-b-d&q=AJS+Boyracer#fpstate=ive&vld=cid:f8376cd3,vid:JKQAoJdD5YI

  

Ebenfalls aus England, kam die Ariel Square Four, mit 500 bis 1000 ccm 1931 auf den Markt.

Man beachte die völlig unterdimensionierte Vorderradbremse für dieses schwere Motorrad – in den frühen 50-er Jahren und davor haben die alten (teils berechtigten) Ängste aus den 20-er Jahren vor einer Bremsblockade wohl immer noch eine Rolle gespielt. Bei den großen und teuren Maschinen ist es eher unwahrscheinlich, dass der Mehrpreis für eine ausreichend dimensionierte Bremse ein Hindernis hätte sein können. Bessere Bremsen wurden erst ein Thema, als man durch geeignete Konstruktionen und Materialien (Beläge) dieses Problem in den Griff bekommen hat.

4 Zylinder im Quadrat – 2 in Fahrtrichtung querliegende Kurbelwellen (für je 2 Zylinder), die durch Zahnräder miteinander verbunden waren, war die wohl denkbar kompakteste  Motorkonstruktion für 4 Zylinder. Sie war aber gerade deswegen anfällig für eine Überhitzung und für mögliche Kolbenklemmer als Folge - eine wassergekühlte Version hätte das Problem lösen können, hätte aber die Maschine schwerer und noch teurer gemacht.

Hier der Link zu der interessanten Maschine in Aktion:

https://www.google.com/search?client=firefox-b-d&q=Ariel+Square+Four#fpstate=ive&vld=cid:fb1eae11,vid:fbW2AXNZ36g

Dazu noch eine nette Geschichte um diese Ariel:

http://www.mvc-brenig.de/Geschichten/Greve/GreveAriel.html

 

Eine kleine, wassergekühlte DKW – wohl eher eine seltene Erscheinung.

Vorteil dieser Lösung: Ein generell zur Überhitzung neigender Zweitaktmotor, verursacht durch die doppelte Zündfrequenz, hat wassergekühlt damit kein Problem mehr...und...unangenehme Motorgeräusche bei luftgekühlten Motoren, durch Resonanzen der Kühlrippen (Schwirren, Klirren), entfallen ganz.

Warum das Geräusch bei Viertaktmotoren so nicht auftritt? Es ist zu vermuten, dass die Ursache in der doppelten Zünd-, Arbeitsfrequenz (bei gleicher Drehzahl) liegt oder aber in der größeren Dimensionierung der Kühlrippen bei den Zweitaktmotoren oder beides zusammen.

Nachteil der Wasserkühlung: Die Kühltechnik wird technisch und von der Wartung her aufwändiger und das Motorrad insgesamt schwerer und teurer. Ganz davon abgesehen wird bei unsachgemäßer Behandlung so mancher Zylinder Frostschäden bekommen haben – das wollten die meisten Käufer nicht riskieren – ein Motorrad sollte immer funktionieren und preiswert sein - nur die Käufer der großen und exklusiven Maschinen bildeten hier eine Ausnahme.

Es gab also verschiedene Faktoren, warum wassergekühlte Motorradmotoren eher die Seltenheit waren – besonders bei kleinen Motorrädern, deren Käufer ja erst recht auf den Preis geschaut haben.

 

Zündapp KS 800

Neben der Ariel noch eine 4-Zylindermaschine, diesmal wie ein VW-Käfermotor als Boxermotor aufgebaut. Der Zündapp-Motor war allerdings noch einfacher mit stehenden Ventilen (sv), aufgebaut.

Von der 800-er Zündapp wurden 1933-38 ca. 2600 Maschinen gebaut mit 20 bis 22 PS; für das Heer danach nochmals um die 5000 weitere.

Bei diesem großen Hubvolumen, dem Sack- bzw. L-Zylinder zusammen mit der sv-Steuerung und der geringen Leistung waren nur wenige Gänge erforderlich (vermutlich waren es 3 Vorwärtsgänge), und das Drehmoment war schon bei geringer Drehzahl beachtlich – so eine Konstruktion konnte sehr “schaltfaul” gefahren werden und war ideal für einen beschaulichen Landschaftsbummel.

Solo war sie eher selten zu sehen, als Gespann erreichte sie knapp 100 km/Std..

https://de.wikipedia.org/wiki/Z%C3%BCndapp_K_800#/media/Datei:Z%C3%BCndapp_Type_K_800_1924_With_Sidecar_LSide_SATM_05June2013_(14414037728).jpg 

 

Snob mit 154 ccm 4-Taktmotor (!) mit 1,2 PS, war schnell und zuverlässig. Wegen ihrer großen Beliebtheit wurden immerhin zwischen 1921 und 1925 in Düsseldorf-Oberkassel davon 20 000 (!) Stück gebaut und das gegen die starke Konkurrenz von DKW!

https://www.flickr.com/photos/pilot_michael/25918595842

...hier sind durch Weiterblättern weitere prächtige Oldtimer zu sehen!

 

Der grüne Elefant, KS 601 von Zündapp, mal ganz in Schwarz.

Mit der längsliegenden Kurbelwelle, wie z.B. auch bei allen BMW-Motoren seiner Zeit, ergab sich ein besonderes Verhalten. Wer die stabilisierende Wirkung einer rotierenden Masse kennt (wodurch ja auch das Fahren mit 2 Rädern möglich wird), der kann sich auch gut vorstellen, dass beim Bremsen und Beschleunigen die Neigung nach vorne oder hinten dadurch gedämpft wird und das um so mehr, je höher die Drehzahl und je größer die rotierende Masse der Kurbelwelle und Kupplung ist. Andererseits kann ein Motorrad mit diesem Motor viel leichter in die Kurve gelegt werden als eines mit querliegender Kurbelwelle – ideal also für kurvenreiche ländliche Strecken.

Durch die längs zur Fahrtrichtung ausgerichtete Kurbelwelle bietet sich, wie das bei allen Boxermotoren zutrifft, ein Kardanantrieb zum Hinterrad an – nicht billig, aber immer sauber, pflegeleicht und verschleißarm.

Dass übrigens alle Boxermotoren konstruktionsbedingt für einen möglichst tiefen Schwerpunkt sorgen, ist ein ganz wesentlicher fahrtechnischer Vorteil. Das gilt übrigens auch für Motorräder mit horizontal liegenden Zylindern, wie sie z.B. Moto Guzzi gebaut hat.

Der “Grüne Elefant”-Zündapp KS 601, wegen seiner typischen Lackierung so genannt, war übrigens in den 50-er und 60-er Jahren das für Gespannbetrieb bevorzugte Motorrad schlechthin und war als Solomaschine eher selten zu sehen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Z%C3%BCndapp_KS_601

 

DKW RT 125, gebaut von 1939 bis 65, – eine Motorrad, das wegen seiner guten Eigenschaften nach dem Krieg in Polen, Sowjetunion, Ungarn, USA bei Harley-Davidson und in England bei BSA als Modell “Bantam” kopiert wurde!

Mit gutem Grund: Chefkonstrukteur Hermann Weber in Zschopau war hier ein Meisterstück gelungen. In den Anfangsjahren noch mit Trapezgabel und ohne Hinterradfederung (Starrrahmen).

So unscheinbar dieses Fahrzeug auch ausgesehen hat, es hat in seiner Zeit bei vielen 100 000 Fahrern jahrelang treu seinen Dienst verrichtet.

Hier ein Link zur RT 125   https://de.wikipedia.org/wiki/DKW_RT_125

 

Ab 1951 gab’s die NSU Konsul - mit 350 oder 500 ccm.

Bis 1954 wurden ca. 14 000 Exemplare gebaut und hauptsächlich als Gespann betrieben.

Preislich hatte die Maschine aber nur geringe Chancen gegen den Mitbewerb.

https://de.wikipedia.org/wiki/NSU_Konsul

  

Im Anhang noch 2 Fotos, zu einem jeweils ganz anderen Thema:

Das Bild von dem schön restaurierten Ford 20 M habe ich in Wiesloch aufgenommen und das von der Dreschmaschine in Malschenberg... Sie steht vielleicht heute noch dort ungeschützt bei jedem Wetter und sucht vielleicht einen neuen Besitzer. Hoffentlich nicht mehr lange, sonst geht ein gut erhaltener Zeitzeuge der Landwirtschaft und Ernährung verloren.