Veteranen-Freunde St. Leon e.V.

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 Edmund Schmitt

Motorräder (II)

 Hier mein 2. Beitrag aus der Welt des Motorrads.

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Auf der diesjährigen Oldtimerausstellung in Dielheim bin ich wieder auf alte “Bekannte” getroffen. Über jedes dieser legendären Motorräder gäbe es eine Menge zu berichten, aber ich will mich nur auf einige Merkmale beschränken.

Die Quick von NSU (1936-53) gab’s schon vor dem Krieg, aber so richtig an Bedeutung hat sie erst danach gewonnen. Dieses “Moped” war mithin das “Rückgrat” der Mobilisierung beim Wiederaufbau der Wirtschaft. Über 235 000 Stück wurden davon gebaut. Zuverlässigkeit und Genügsamkeit waren sprichwörtlich. Die 3 PS aus ca. 100 ccm, die die Quick auf 60 km/Stunde beschleunigen konnte, waren vollkommen ausreichend für diese Zeit. Anbei ein Foto einer unrestaurierten Quick.

“Fixe Fahrer fahren Fox” war seinerzeit (1949-54) ein Werbespruch für dieses außergewöhnliche kleine Motorrad – und das war nicht übertrieben. In der 100 ccm-Klasse gab es seinerzeit so gut wie keine Viertakter, und sie alle kamen nicht an die Leistung der kleinen Fox heran – hatten alle nur 2,5 bis 4,5 PS zu bieten. Mit 6 PS bei der Fox waren dagegen gut 80 km/Stunde zu erreichen. Ungewöhnlich: Die kostengünstige Konstruktion der Kurbelwelle war nur einseitig gelagert (fliegende Kurbelwelle), und bei der Fox kam zum ersten Mal ein Pressstahlrahmen zum Einsatz, der ebenfalls die Kosten senkte; Super-Fox, Maxi und Max sollten danach diesem Beispiel beim Rahmenbau noch folgen. Über den Nockenwellen lagen  Schlepphebel, die den Hub dann verschleißarm an die Stoßstangen weitergaben – überhaupt nicht selbstverständlich! Die NSU-Fox vom Chefkonstrukteur Albert Roder hatte das Aussehen eines richtigen Motorrads - was sonst noch auf dem Markt war, hat in der Hubraumklasse eher an ein Moped erinnert. Das Hinterrad war gefedert, was in der Klasse und zu der Zeit auch bei größeren Motorrädern noch keinesfalls Standard war – sie war als Hinterradschwinge mit Zentralfeder ausgeführt – so etwas nennt sich heute Cantilever-Federung. Wen das immer noch nicht überzeugt hatte, musste beim Preis von nur 985 DM einsehen, dass es fürs Geld nichts Besseres in der Klasse gab. Von 1949 bis 1954 wurden ca. 59 000 Exemplare der Fox gebaut.

Unsere erste Motorisierung war dann folgerichtig auch eine Fox – ich erinnere mich noch gut an die Fahrten zu dritt (!) zwischen Wiesloch, Malsch und Rettigheim, aber auch an Ausflüge nach Speyer und zum Einkaufen nach Bruchsal – die Polizei hat damals bei dem “Trio” noch ein Auge zugedrückt. NSU war, wie auch DKW, einmal eine der größten Motorradfabriken der Welt, wobei NSU die größere “Strahlkraft” in die Welt hinaus vorzuweisen hatte.

Die hübsche kleine Honda CB100 wurde von 1971 bis 1985 gebaut. Mit obenliegender Nockenwelle und hoher Drehzahl (11 000) leistete der 100 ccm-Motor 11,5 PS und ermöglichte damit eine Geschwindigkeit von 110 bis 120 km/Stunde. Die Japaner hatten zu der Zeit längst bewiesen, dass solche Drehzahlen beherrschbar waren. Um die Motoren von der Baugröße her klein zu halten und trotzdem beachtliche Leistungen zu erzielen, gab es nur den Weg über eine entsprechend hohe Drehzahl.

Die Moto Guzzi V7  (ca. 700 ccm) wurde von 1967 bis 1976 gebaut; sie hatte anfangs nur 40 PS und konnte bei dem Hubraum-Leistungsverhältnis deshalb recht schaltfaul gefahren werden. Bei diesem Verhältnis sollte der Motor eigentlich auch “ewig” halten – ebenso der Kardanantrieb, der von der Konstruktion her schon verschleißarm ist. Wenn ich mich richtig erinnere, hat man darauf geachtet, dass einige Aggregate aus dem Automobilbau (FIAT?) verwendet wurden – Anlasser und Lichtmaschine, z.B. Das hatte Kosten- und Verfügbarkeits-Vorteile. Die V7 wurde gerne mit Seitenwagen betrieben.

Die gute BMW R25/3 mit ihren bescheidenen 12 PS und Kardanantrieb stand ebenfalls für Zuverlässigkeit und lange Haltbarkeit. Damit war man komfortabel mit 95 km/Stunde unterwegs. Von diesem Urmodell wurden ab 1950 über 23 000 Motorräder gebaut. Es folgten weitere Varianten, z.B. die R25/2 ab 1951,  R25/3  von 1953-56 mit Vollnabenbremsen, und ab 1956 kam die R26 mit jetzt 15 PS; es endete mit der R27 mit 18 PS, die von 1960-66 gebaut wurde. R26 und R27 hatten, entgegen ihrer Modellbezeichnung, immer noch 250 ccm, aber beide hatten jetzt eine Vorderradschwinge für gesteigerten Fahrkomfort.Insgesamt wurden von diesen 250ccm-Motorrädern zwischen 1950 und 1966 ca. 155 000 Maschinen gebaut. R26 und R27 konnten in der Motorradkrisenzeit nicht mehr an den Erfolg der Vorgängermodelle anknüpfen. Ungewöhnlich bei BMW-Motorrädern war die Konstruktion des Kickstarters. Trotz des relativ kleinen Hubraums wurde auch sie gerne im Seitenwagenbetrieb gefahren, z.B. mit einem Steib LS200.

Hier noch ein Link zu einem kleinen Video: BMW R25/3 in Aktion und Montage eines Motorrads: https://www.youtube.com/watch?v=1oPaqxsmrnw. Erwähnt sei noch, dass der Motortyp auch in der Isetta Verwendung fand.

Zum Schluss noch eine Ducati Desmo(dromic) (vermutlich mit zwischen 750 und 850 ccm); der Name weist auf eine Zwangssteuerung der Ventile hin, d.h. sie sind durch eine Kurvenbahn gezwungen, eine exakt  vorgeschriebene Bewegung zu machen, was bei hohen Drehzahlen zur Erzielung von maximalen Leistungen erforderlich ist, aber hohe Kräfte und demnach hohen Verschleiß verursacht. Jedenfalls kann das Ventil nicht mehr flattern, d.h. es kann kein Eigenleben, durch Trägheit bedingt, mehr entwickeln. Die Zwangssteuerung gab’s bereits bei einem NSU-Motorrad von 1909, geht aber zurück auf Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach. Bei den geringen Drehzahlen, die damals noch üblich waren, hat der Verschleiß kaum eine Rolle gespielt, weil keine hohen Kräfte im Spiel waren.

Zum Schluss will ich noch auf eine kleine Preissensation hinweisen – wer ein neues Motorrad im klassischen Stil kaufen möchte, sollte mal einen Blick auf die  brandneue 350-er Royal Enfield Meteor für 4100 Euro (!) werfen. Sie hat zwar nur 20 PS, aber die 350-er der 50-er Jahre hatten auch nicht mehr, dafür ist aber auch sie ein Langhuber mit bereits hohem Drehmoment in den niedrigen Drehzahlen – wenn man so will, ein neuwertiger “Oldtimer” zum Schnäppchen-Preis:

https://www.youtube.com/watch?v=h6vcyH8iLJY.